Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Schuldners – einschließlich etwaiger kontaminierter Grundstücke gemäß § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über, der es nach § 148 Abs. 1 InsO sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen hat. Entsprechendes gilt bereits zuvor, wenn das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner gem. § 22 Abs. 1 Nr. 1 InsO ein allgemeines Veräußerungsverbot auferlegt hat; in diesen Fällen wird von einem „starken vorläufigen Insolvenzverwalter“ gesprochen. Für beide, für den starken vorläufigen und den endgültigen Insolvenzverwalter, stellt sich die Frage, ob er polizeirechtlich verpflichtet ist, die Masse vorrangig für die Altlastensanierung einzusetzen. Bei der Antwort muss er bedenken, dass er sich wenn er Massemittel zur Gefahrenbeseitigung verwendet und so die Insolvenzmasse zulasten der übrigen) Gläubiger schmälert – unter Umständen schadenersatzpflichtig macht, zumindest aber in der Gläubigerversammlung seine Abwahl riskiert §§ 59 ff. InsO).
Kommt der Insolvenzverwalter einer etwaigen ordnungsbehördlichen Beseitigungs- oder Sanierungsanordnung nicht nach und führt die Behörde daraufhin eine Ersatzvornahme, ist die Einstufung der Ersatzvornahmekosten umstritten. Ob sich der Insolvenzverwalter dieses Problems zuvor durch eine Freigabe des gefahrverursachenden Grundstücks oder Gegenstands hätte entledigen können, ist ebenfalls streitig.
Die Einstellung der Behörde läuft den Interessen des Insolvenzverwalters, d. h. dem Ziel des Insolvenzverfahrens grundsätzlich gemeinschaftliche Befriedigung der Gläubiger eines Schuldners durch Verwertung von dessen Vermögen und Erlösverteilung Erlösverteilung zuwider. Die Behörde will, dass entweder der Insolvenzverwalter die Beseitigung der Gefahr mit Massemitteln vornimmt oder aber zumindest die Kosten einer behördlichen Ersatzvornahme als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) eingestuft werden. Nur in diesen Fällen erleidet die Behörde keine Ausfälle oder wenigstens nur geringere als eine Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO), die auf ihre Forderung nur eine niedrige prozentuale Quote erhält. Masseverbindlichkeiten sind nämlich aus der Insolvenzmasse vorweg zu befriedigen. Aus demselben Grund wird die Behörde auch die Zulässigkeit einer Freigabe verneinen, durch die die Verfügungsbefugnis über das Altlastengrundstück wieder an den Schuldner zurückfällt.
Während also der Insolvenzverwalter bestrebt ist, die Masse möglichst ungeschmälert zu erhalten, und deshalb die massefreundliche Lösung verfolgt, will die Behörde die Sanierung nach Möglichkeit auf Kosten der Masse vornehmen, weshalb insoweit von einer massefeindlichen Lösung gesprochen wird. Das Problem wird dadurch verschärft, dass sich jede Seite auf eine ihr günstige Rechtsprechung entweder der Zivilgericht oder der Verwaltungsgerichte berufen kann.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1864-8371.2003.05.03 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1864-8371 |
Ausgabe / Jahr: | 5 / 2003 |
Veröffentlicht: | 2003-10-01 |
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